Die öffentliche Diskussion um ACTA wird eindimensional geführt. Nicht nur für Internet-User könnte ACTA unverhältnismäßige Konsequenzen haben, sondern auch aus entwicklungspolitischer Sicht gibt es ernsthafte Bedenken. Ich weiß, dass Entwicklungspolitik weder in den Medien noch in der Bevölkerung im Vordergrund der öffentlichen Wahrnehmung steht. Dies darf aber nicht zum Anlass genommen werden, nicht über mögliche Konsequenzen des Abkommens für Entwicklungsländer zu sprechen. Die bereits geäußerten Bedenken hinsichtlich ACTA sollten ernst genommen werden.
In der vergangenen Woche hatte ich eine schriftliche Anfrage an die Bundesregierung gestellt, um eine Einschätzung der Bundesregierung zu den Auswirkungen von ACTA auf Entwicklungsländern einzuholen und um zu erfahren, wie die Bundesregierung weiter vorgehen wird. (Meine Anfrage und die Antwort der Bundesregierung findet Ihr hier)
Mein Fazit hieraus: Abzuwarten, was das Europäische Parlament unternehmen wird, bedeutet nicht, keine eigene Meinung über die Auswirkungen von ACTA auf die Entwicklungsländer zu entwickeln oder kein eigenes Vorgehen zu planen. Wir dürfen dieses Thema auch in Deutschland nicht aus den Augen verlieren.
Meine umfassende Prüfung von ACTA in den vergangenen Wochen hat bestätigt, dass die Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen auf Entwicklungsländer berechtigt sind.
Allerdings hängt deren tatsächliches Eintreten und Ausmaß auch wesentlich von der konkreten Umsetzung von ACTA in den Vertragsstaaten ab. Dies liegt daran, dass Patentrechtsverletzungen genauso wie Grenzmaßnahmen ausdrücklich nicht durch die Strafrechtsvorschriften in ACTA abgedeckt sind. Ich erwarte deshalb von der Bundesregierung, dass sie vor weiteren Verhandlungen und vor einer möglichen Unterzeichnung des Abkommens klar Stellung bezieht und dass ACTA keine Nachteile für Entwicklungsländer mit sich bringt.
Sollten unsere Bedenken hinsichtlich der Versorgung mit Medikamenten und der Patentierung von Saatgut zutreffen, dann sollte vorher festgelegt werden, wie ein praktikabler und fairer Ausgleich aussehen könnte. Deutschland ist einer der wichtigsten Geber in der Entwicklungszusammenarbeit und unterstützt 50 Länder weltweit. Transparente Nachverhandlungen von ACTA und Fairness gegenüber unseren Partnern in den Entwicklungsländern wären ein starkes Signal und Deutschland würde eine Vorbildfunktion innerhalb der EU einnehmen. Es wäre kurzsichtig, die Entwicklungsländer durch ACTA zu benachteiligen, denn wenn sich hoffentlich eine Erkenntnis in den letzten Jahrzehnten durchgesetzt hat, dann die, dass uns solche Fehltritte schneller einholen werden, als dass die Tinte unter ACTA getrocknet wäre.
Über Entwicklungsländer wird gewöhnlich vor allem während Krisen oder Katastrophen berichtet. Die Entwicklungszusammenarbeit beschäftigt sich aber hauptsächlich mit Prävention. Wir wollen Katastrophen verhindern und nicht mit Gummistiefeln über gebrochene Dämme stolzieren. Nun gibt es öffentlich bekundete Zweifel über die Auswirkungen von ACTA für Entwicklungsländer. Dies sollten wir auch prüfen. Es ist besser, jetzt darüber nachzudenken und zu diskutieren, als später über die Probleme zu lamentieren. Zu häufig wurden die Menschen in Entwicklungsländern zu den Verlierern von internationalen Abkommen.
Diese Diskussion muss geführt werden!
Einfach zu sagen: „Schau mer mal, was passiert“ und die Katze im Sack zu kaufen, obwohl berechtigte Zweifel angemeldet waren, dies kann ich als AWZ-Vorsitzende nicht vertreten.
Profit nicht über Vernunft stellen. Die möglichen Auswirkungen von ACTA auf Entwicklungsländer
geschrieben am 6. März 2012
WöhrlWideWeb: Entwicklungsländer dürfen nicht zu den Verlierern des ACTA-Abkommens werden
geschrieben am 24. April 2012
Weitere Informationen zu den Auswirkungen von ACTA auf Entwicklungsländer
geschrieben am 7. Mai 2012
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