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Dieser Artikel stammt aus der Zeit meiner politischen Arbeit bis Oktober 2017 und kann überholte Informationen enthalten.

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BILD-Interview mit Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und Staatssekretärin Dagmar Wöhrl

Wir müssen die Zockerei der Manager stoppen.

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Nürnberg – In der Wählergunst steht er ganz oben, seine Auftritte in stets voll besetzten Bierzelten sind schon Kult: Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (37, CSU). Der gebürtige Oberfranke legte eine Blitzkarriere hin. Mitten in der größten Krise übernahm er im Februar das Wirtschaftsministerium, versucht seitdem zusammen mit Staatssekretärin Dagmar Wöhrl (55, CSU), Deutschlands krisensgebeutelte Industrie wieder auf Vordermann zu bringen. In BILD sprechen beide Klartext über Quelle, die Zockerei der Manager und den Weg aus der Krise.

BILD: Zwei Franken arbeiten in Berlin zusammen im Wirtschaftsministerium. Wie funktioniert das denn genau?
Guttenberg: „Wir pflegen eine wundervolle Zusammenarbeit. Das soll keine Worthülse sein. Es ist ein hohes Maß an Vertrauen, das unsere tägliche Arbeit prägt.
Wöhrl: „Wir harmonieren, denke ich, sehr gut. Wir tauschen uns häufig aus, sind auf einer Linie und sehr geradlinig – ganz fränkisch.

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BILD: Freuen Sie sich auf Termine in Franken?
Guttenberg: „Natürlich! Hier habe ich meine Wurzeln, hier ist meine Heimat. (lacht) Ich brauche nur den Duft frisch gegrillter Bratwürste und weiß, da gehöre ich hin.“

BILD: Welchen Titel hören Sie am liebsten „Baron aus Bayern“, „Sexiest Man in Politics“ oder Wirtschaftsminister?
Guttenberg: „Im Grunde Guttenberg. Der gibt authentisch wieder, was ich bin. Ich muss häufig darüber lachen, was andere über mich so wissen wollen. Oder ich muss ich wiederum meiner Familie erklären, um was es bei verschiedenen Umfragen genau geht. Aber ich nehme das meiste mit Humor.

BILD: Die Lage bei Quelle bleibt dramatisch. Wie helfen Sie?
Wöhrl: „Minister Guttenberg und ich haben in der Quelle-Krise viele Gespräche und Verhandlungen geführt und führen sie immer noch. Das letzte war am vergangenen Freitag. Und zwar wenig spektakulär hinter den Kulissen. Populismus ist für uns da nicht gefragt. Was für uns zählte, war einzig und allein das Ergebnis für die tausenden von Mitarbeitern, die um ihre Zukunft Angst hatten.
Guttenberg: „Wir gewährten den Massekredit, der den Druck des Winterkatalogs erst ermöglicht hat. Es war aber wichtig, dass wir von Seiten des Bundeswirtschaftsministeriums diese Unterstützung erst gründlich geprüft haben und dass der Rückfluss der Mittel sichergestellt wurde. Schließlich müssen für alle Unternehmen die gleichen Kriterien gelten, sonst hätte die EU die Unterstützung sofort untersagt.

BILD: Immer heißt es, dass es bei der Quelle-Rettung Streit zwischen Ihnen und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer gegeben hat. Trifft das zu?
Guttenberg: „Es ist doch völlig legitim, dass ein bayerischer Ministerpräsident sein Land im Blick hat. Dass ein Landeschef bei wichtigen Entscheidungen aufs Tempo drückt, ist doch nur sein ureigenstes Interesse. Ein Bundeswirtschaftsminister muss aber auch auf die übergeordneten Voraussetzungen achten, die für die Lösungen eines solchen Problems gelten.

BILD: Hat ein Versandhaus Quelle noch Chancen?
Guttenberg: „Die kommenden Monate werden entscheidend sein. Quelle hat nun dank der Fortführung der Kreditlinien die Chance, im Wettbewerb wieder erfolgreich Fuß zu fassen. Das Unternehmen hat Geld, Waren für das Weihnachtsgeschäft einzukaufen. Es muss nun die richtigen Konzepte finden, um sich dauerhaft im Markt positionieren zu können.

BILD: Wann haben Sie das erste Mal bei Quelle bestellt, wenn ja was?
Wöhrl: „Daran kann ich mich noch gut erinnern. Es war in den Zeiten des autofreien Sonntags. Da habe ich mir ein Elektra-Mofa bestellt. Das fuhr nur mit Strom.
Guttenberg (grinst): „Obwohl ich nur unwesentlich jünger als meine Staatssekretärin bin, muss ich zugeben, dass ich nie zu den Katalog-Kunden gehörte. Daher ist es umso wichtiger, dass Quelle sein Geschäftsfeld im Internet weiter ausbaut.

BILD: Vor allem Manager-Fehler haben KarstadtQuelle in den Ruin getrieben. Die Mitarbeiter müssen das jetzt ausbaden. Wo liegt da die Gerechtigkeit?
Guttenberg: „Es ist dramatisch! Die Fehler hoch bezahlter Manager treffen nun die Beschäftigen, die sie ausbaden müssen und um ihre Existenz bangen. Wo kann die Lösung liegen? Etwa darin, dass nun auch noch die Steuerzahler für eine Rettung von Arcandor bluten müssen? Nein! Ich denke, dass es gilt, die wilde Zockerei in den Chefetagen zu stoppen. Zum Beispiel dadurch, dass Manager für gute Arbeit nicht nur Boni erhalten, sondern für Verluste auch Gehaltseinbußen einstecken müssen.

Wöhrl: „Sehen sie sich beispielsweise Familien- oder kleinere Handwerksbetriebe an. Hier gehen sofort die Inhaber bei den Banken in Haftung, wenn die Geschäfte nicht mehr laufen. So etwas sollte auch für Manager in Großunternehmen gelten. Wenn sie wegen Gewinnmaximierung zu hohe Risiken eingehen, müssen sie auch für die daraus folgenden Verluste gerade stehen.“

BILD: Bayern als bedeutender Automobilstandort leidet unter der Wirtschaftskrise. Wann ist sie endlich vorbei?
Guttenberg: „Ich bin da vorsichtig. Ich denke, wir haben die Talsohle nach diesem beispiellosen Absturz erreicht. Aber der Aufstieg zu neuen Höhen wird dauern. Bildlich gesprochen haben wir eine Hügellandschaft und leider keinen raschen Aufschwung vor uns. Wir haben viele Herausforderungen vor uns.

BILD: Leider gehören vor allem junge Leute zu den Verlierern der Krise. Wie kann die Politik hier Unterstützung bieten?
Wöhrl: „Gerade hier leisten wir viel. Der Ausbildungspakt mit der Wirtschaft ist übererfüllt. Das zeigt auch der Vergleich mit anderen europäischen Staaten wie etwa Frankreich. Deutschland hat eine deutlich niedrigere Arbeitslosenquote bei jüngeren Erwerbstätigen.“ Guttenberg: „Das sehe ich auch so. Wir müssen den Betrieben klar machen, dass Ausbildung ein Schlüsselelement für ihre Zukunftsfähigkeit ist.

BILD: Bei jungen Leuten punkten sie durch Ihre lockere Art. Zuletzt rockten Sie im Bierzelt zu AC/DC-Songs. Wie wichtig ist Ihnen so eine Art von Unbekümmertheit?
Guttenberg: „Mir ist es vor allem wichtig, ich selbst zu bleiben. Ich will meine Lockerheit und meine Unabhängigkeit nicht verlieren. Ich mache trotz Wahlkampf weiter meine Arbeit. Die Bürger wollen doch jetzt in der dieser schweren Krise kein hohles Eindreschen auf den politischen Gegner.

BILD: Sie werden schon als Kandidat für den ersten CSU Kanzler gehandelt. Haben Sie eine Karriereplanung über den 27. September hinaus?
Guttenberg
: „Nein, das wäre völlig vermessen. Ich weiß nur, dass ich am 28. September nicht ausgeschlafen sein werde. Aber im Ernst: Ich werde politisch nach der Wahl exakt dort sein, wo einen die Menschen des Landes hinsetzen – unabhängig von irgendwelchen Plänen der Parteien oder auch einer Kanzlerin. Der Bürger kann und wird das entscheiden. Ich werde mich dem prioritär fügen.

BILD NÜRNBERG V 14. SEPTEMBER 2009
Guttenberg (li.) und Wöhrl im Biergarten „Hexenhäusle“ im Gespräch mit den BILD-Redakteuren Rolf Hauschild (Mi.), Peter Maskow (re. vorne) und Peter Groscurth

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