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Dieser Artikel stammt aus der Zeit meiner politischen Arbeit bis Oktober 2017 und kann überholte Informationen enthalten.

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Gedanken zur Frauen-WM –stärker als man(n) denkt!


Dagmar Wöhr auf dem Amateur Frauen Fußball Turnier in Nürnberg zu Eröffnung der Frauen WM 2011. Dagmar Wöhr, 6. Juli 2011

FCN-Mitglied und Bundestagsabgeordnete Dagmar G. Wöhrl hat sich Gedanken zur Frauenfußballweltmeisterschaft in Deutschland gemacht …

Vor inzwischen über 10 Jahren habe ich die Schirmherrschaft über die Frauenfußballmannschaft des 1. FCN für die Saison 1999/2000 übernommen.

Damals habe ich in meiner Eröffnungsrede gesagt, dass die allgemeine Begeisterung für den Frauenfußball sich immer noch in Grenzen hält. Die Zuschauer-Resonanz bei der damaligen Meisterschaft hierzulande blieb hinter den Hoffnungen zurück: Durchschnittlich 2800 Zuschauer/-Innen sahen die Spiele; insgesamt kamen 37.215 Besucher/-Innen in die Stadien.

Das war weniger als nur bei einem einzigen Spiel von unserem Glubb oder Schalke. Aber bei der Frauenfußball-WM 2011 in Deutschland sehen die Zahlen ganz anders aus: Inzwischen sind weit über 700.000 der 900.000 verfügbaren Tickets verkauft. Die Quote pro Spiel wird zwischen 10.000 und 15.000 Zuschauern liegen. Der Frauenfußball in Deutschland hat im letzten Jahrzehnt wahrlich eine tolle Entwicklung genommen.

Auch habe ich damals in meiner Rede gesagt, dass sich die Nachrichten im Frauenfußball auch nicht gerade wie ein Waldbrand verbreiten und die öffentliche Resonanz sich in Grenzen hält. Mache ich heute meinen Fernseher an, kommen zur besten Sendezeit die Spiele unserer Damennationalmannschaft auf ARD und ZDF. Unsere GEZ-Gebühren sind weiblicher geworden und zur Abwechslung auch einmal sinnvoll investiert.

Vor 10 Jahren habe ich auch über Fußball-Legenden gesprochen und dass es noch keine weiblichen Pendants zu Maradona, Pele oder unseren Kaiser Franz gäbe. Nun ja heute gibt es Martha, Birgit Prinz oder unsere Nationaltrainerin Silvia Neid. Die Zeiten ändern sich.

Langer Weg zur Fußball-Emanzipation

Bis Frauen allein das Recht dazu bekamen, Fußball als Sportart auszuüben, war es ein langer Weg. Während zu Beginn des 20. Jahrhunderts in europäischen Ländern, wie beispielsweise Großbritannien, Frauen das Fußballspielen erlaubt und Frauenfußball gesellschaftlich weitgehend akzeptiert (oder zumindest geduldet) war, galt in Deutschland die Kombination Ball & Frau als moralisch verwerflich. Ebenso erregten die kurzen Hosen beim Deutschen Turnbund Aufsehen: Das Auftreten sei für „künftige deutsche Akademikerinnen unangemessen.“

Nur zaghaft entstanden Vereinigungen zum Frauenfußball. Mit dem Nationalsozialismus wurden selbst diese langsamen Bestrebungen unterdrückt. 1954 gewann Deutschland
die Weltmeisterschaft im Männerfußball. Mit diesem Freudentaumel flammte für die Frauen wieder das Bedürfnis auf, sich in Vereinen zu betätigen und ebenso Fußball zu spielen.

Jedoch verbot der DFB 1955 seinen Mitgliedsverbänden die Gründung von Frauenabteilungen.
Eine schnelle flächendeckende Organisation von Frauenfußballvereinen konnte damit nicht gelingen, und der Emanzipation der Frauen im Sport wurde damit ein zusätzliches Hindernis in den Weg gestellt.

Erst Ende der 1970er Jahre hob der DFB sein Verbot – unter Auflagen, wie zum Beispiel einer halbjährigen Winterpause für Frauen, einer kürzeren Spielzeit und vielem mehr – auf. Trotz dieser Einschränkungen verlieh die Satzungsänderung dem Frauenfußball einen Aufschwung.

Allein von 1970 bis 1975 stieg die Zahl der weiblichen Mitglieder von 50.000 bis 215.000. Mittlerweile sind auch die Auflagen des DFB aufgehoben, und der Ball ist genauso schwer, wie der der Männer.

Frauen-Fußball heute

Wenn ich zurzeit durch Nürnberg fahre, sehe ich überall große Werbeplakate mit Slogans wie „3. Plätze sind Männersache“ oder „Jungs, wir rächen Euch“ – mit der etwas kecken Erinnerung an unsere Männer – wer amtierende (r) Weltmeister (in) ist! Frauen-Fußball ist heute wahrlich stärker, als man(n) gemeinhin denkt.

Wer an die großen Erfolge unserer Nationalmannschaft denkt, weiß um die eindrucksvolle Leistungsfähigkeit unserer Fußballerinnen. 2-fache Weltmeisterinnen, 7-fache Europameisterinnen und 3 mal Bronze bei Olympischen Spielen – unsere Frauen sind Siegertypen!

Unser Ziel muss es sein, den Frauen-Fußball auch in unserer Heimatstadt zu unterstützen und die öffentliche Aufmerksamkeit darauf zu lenken, damit wir nicht nur in der Spitze hervorragend sind, sondern auch im Breitensport. Besonders wichtig ist es auch, dass wir den Nachwuchs fördern und an diesen Sport heranführen.

Aber bei aller Euphorie der letzten Wochen und Tage, darf man auch nicht den Fehler machen, Männer- mit Frauenfußball zu vergleichen. Frauen haben eben andere Stärken als die Männer. Sie spielen nicht so körperbetont und stecken nicht derart in der taktischen Zwangsjacke – ihr Spiel ist eleganter und torreicher. Und ja, es gibt einfach bessere Witze über Frauenfussball.

Der Frauenfußball trägt erheblich zur Vielfalt der weiblichen Rollenbilder in der Gesellschaft bei, vor allem deshalb, weil „der richtige“ Fußball in den Köpfen vieler Menschen nur von Männern gespielt wird. Dieses Bild hat sich seit Jahrhunderten verfestigt. Aber diese Vorstellung kann aufgebrochen werden und die Anzeichen für einen Wandel häufen sich, langsam aber stetig.

Die endgültige „Emanzipation“ des Frauenfußballs werden wir jedoch erst dann erreichen, wenn auch auf dem Feld der Popularität das Ergebnis Männerfußball „gegen“ Frauenfußball 1:1 steht!

Schön, dass es in Deutschland wieder Zeit ist, dass sich was dreht….

Dagmar Wöhr auf dem Amateur Frauen Fußball Turnier in Nürnberg zu Eröffnung der Frauen WM 2011. Dagmar Wöhr, 6. Juli 2011

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