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Dieser Artikel stammt aus der Zeit meiner politischen Arbeit bis Oktober 2017 und kann überholte Informationen enthalten.

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Warum ich für einen Syrien-Einsatz stimme

124. Sitzung vom 24.09.2015 Wöhrl, Dagmar G. (CDU/CSU) Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD Neue Dynamik zur politischen Lösung der Syrienkrise nutzen Quelle: Bundestag TVDie heutige Entscheidung im Bundestag fällt mir nicht leicht, für die Beteiligung Deutschlands an der Operation gegen die Terrororganisation IS (Daesh) zu stimmen.

Der Terroranschlag von Paris ist ein Angriff auf uns alle, auf unsere Werte, auf die Art, wie wir leben, auf unsere Demokratie und auch auf unseren Rechtsstaat.

Gerade die letzten Wochen und Monate haben gezeigt, wie schnell die Krisen dieser Welt uns unmittelbar in unserem Alltag betreffen können. Und auch im Rahmen meiner entwicklungspolitischen Arbeit werde ich in den letzten Jahren immer öfter hautnah unmittelbarer Zeuge der Folgen der Gräueltaten von Daesh.

Einsatz von Militär muss immer das letzte Mittel sein. Nach diesem Prinzip richtet sich mein politisches Handeln seit jeher aus. Mit militärischen Mitteln allein werden wir Daesh natürlich nicht stoppen können.  Nach den Erfahrungen in Afghanistan und im Irak mache ich mir da keine Illusionen. Auch werden wir einen sehr langen Atem haben müssen. Ich gehe – offen gesagt – davon aus, dass die Mission länger als ein Jahr dauern wird.

Aber ganz ohne militärischen Einsatz wird es eben leider auch nicht gelingen, das ist nach über 4 Jahren Bürgerkrieg in Syrien mehr als deutlich geworden. Leichter wird die Situation auch dadurch nicht, da es in Syrien nicht die eine „gute“ oder die eine „böse“ Seite gibt, sondern ein Sammelsurium von schwierigen Kriegsparteien, samt dahinterstehender ausländischer Interessen.

Daesh ist nicht zu Verhandlungen bereit, setzt seine menschenverachtenden Gräueltaten gegen Zivilisten, Frauen und Kinder in Syrien fort und bedroht unsere Sicherheit in Europa. Eine Stärkung der Aufklärungskomponente des militärischen Einsatzes gegen Daesh mit den gestochen scharfen Echtzeitbildern der deutschen Tornados kann darum auch dazu beitragen, zivile Opfer zu vermeiden und die Entstehung neuer Flüchtlingsströme zu verhindern. Umsichtiges, aber entschlossenes Handeln ist jetzt angesagt, bevor die Terroristen weitere unschuldige Menschen töten und vertreiben.

Das Wichtigste bleibt aber eine politische, diplomatische und humanitäre Lösung für Syrien zu finden, denn hier sind noch Fragen offen. Uns fehlt eine abgestimmte Strategie und ein Konsens darüber, wie eine Nachkriegsordnung in Syrien und auch im Irak aussehen kann, die langfristig Frieden für die Menschen in der Region bringt. Wir müssen darum die Wiener Syrien-Gespräche mit aller Kraft vorantreiben und auf die wichtigsten internationalen Akteure im Sinne eines konstruktiven Verhaltens in Syrien einwirken.

Ganz wichtig bleibt die entwicklungspolitische Arbeit im Umfeld des Syrien-Konflikts. Jordanien und der Libanon sind tickende Zeitbomben. Wir müssen noch mehr tun, um die Lage dort zu stabilisieren, wenn wir nicht wollen, dass sich der Konflikt in Syrien weiter auf die ganze Region ausbreitet.

Auch die Bedeutung unserer entwicklungspolitischen Arbeit im Irak kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Ein Schlüsselland ist auch Tunesien. Es gibt Berichte, dass mit 50.000 Unterstützern von dort die meisten Menschen aus den Mittelmeerstaaten in das IS-gebiet gegangen sind, um der Terrororganisation bei ihrem unmenschlichen Kampf zu helfen.

Wir haben die Mittelmeerregion zu lange politisch vernachlässigt. Wir müssen mit Frankreich zusammen überlegen, wie man das Projekt der Mittelmeerunion, das Sarkozy damals initiiert hat, stärker mit Leben füllen kann. Das wäre ein wichtiger Beitrag zur Stabilisierung des Nahen Ostens.

Der Kampf gegen den IS wird aber nicht nur im Irak und in Syrien geführt, sondern auch in unseren Vorstädten in Frankreich, Belgien und Deutschland. Wir brauchen mehr Integration, Prävention und Zusammenarbeit aller politischen und gesellschaftlichen Akteure.

Wir müssen noch viel stärker auf Russland einwirken, dass es sich wirklich auf den Kampf gegen den IS besinnt. Nach neuesten Medienberichten sind von 1500 Opfern der russischen Angriffe gerade mal rund 500 IS-Kämpfer dabei und fast genauso viele der syrischen Oppositionellen und- was besonders schlimm ist: rund 500 zivile Opfer!

Auch eine Neubewertung unseres Verhältnisses zu Saudi-Arabien gehört auf die Tagesordnung.

Gerade die letzten Monate haben einmal mehr gezeigt, dass es für politische Herausforderungen nicht die eine Lösung gibt, sondern wir an vielen Schrauben drehen und auch immer wieder nachjustieren müssen, um zu langfristig befriedigenden Ergebnissen zu kommen.

Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen.
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