Vor zehn Jahren habe ich mich dafür stark gemacht, dass der Tierschutz im Grundgesetz verankert wurde. Nun steht in diesem Jahr eine weitere Neufassung des Tierschutzgesetzes an. Durch mein langjähriges Engagement und meine Erfahrungen im Bereich Tierschutz konnte ich beim Parteitag der CSU in München am 19. und 20. Oktober sechs Anträge für die Tierschutznovelle einbringen. Ich stand dazu auch im Kontakt mit dem Bauernverband. In den nächsten Tagen werde ich einen Blog über meine Anträge veröffentlichen. Hier nun aber zunächst mein Interview aus der Nürnberger Zeitung vom 26. Oktober 2012;
NZ: Sie fordern, dass sich die CSU hinter das Verbot bestimmter Wildtiere in Zirkussen stellt. Warum ist Ihnen dieses Verbot so wichtig, und wie haben Ihre Parteigenossen darauf reagiert?
Wöhrl: Eine artgerechte Haltung bestimmter Tiere ist aufgrund der erforderlichen Mobilität und des somit meist eingeschränkten Platzangebotes in Zirkussen leider häufig nicht möglich. Gerade Wildtiere mit viel Bewegungsdrang und großem Platzbedarf leiden deswegen unter diesen Haltungsbedingungen. Das äußert sich in verschiedenen Formen von Verhaltensstörungen und -auffälligkeiten. Zudem treten gehäuft Krankheiten und die Tiere sterben deutliche früher als üblich. Wir haben den Tierschutz im Grundgesetz verankert und ihn uns als Staatsziel auf die Fahne geschrieben. Jetzt müssen wir, eins nach dem anderen, auch alle Probleme angehen, die mit dem Thema zu tun haben – und dies ist eines von vielen.
NZ: In einem weiteren Antrag möchten Sie das Verbot des Hunde- und Katzenwelpen-Handels in Zoogeschäften durchsetzen. Bisher gibt es eine freiwillige Selbstverpflichtung der Zoogeschäfte, das nicht zu tun. Reicht das nicht aus?
Wöhrl: Leider häufen sich in letzter Zeit die Fälle, in denen sich die Händler auf Kosten der Tiere über diese freiwillige Selbstverpflichtung hinweg setzen und über die niedlichen Jungtiere versuchen, neue Kunden in ihr Geschäft zu locken. Die Kunden lassen sich oftmals zu Spontankäufen verleiten und der Weg ins Tierheim ist immer wieder vorprogrammiert. Auch eine artgerechte Unterbringung oder die gerade bei den Junghunden notwendige 24-stündige Betreuung sind unter diesen Bedingungen nicht möglich. Eine Vernachlässigung in dieser entscheidenden Präge- und Sozialisierungsphase kann zu schweren Verhaltensstörungen bei den Tieren führen. Ein weiterer Punkt ist, dass immer wieder Hunde und Katzen aus nicht näher zu qualifizierenden Massenzuchten in Osteuropa unter den gehandelten Welpen sind, die unter Krankheiten leiden und meist viel zu jung von ihren Müttern entfernt werden. Solche Auswüchse des Tierhandels kann ich nicht tolerieren. Deswegen ist hier ein gesetzliches Verbot erforderlich.
NZ: Sie setzen sich dafür ein, dass eine Kastrations- und Chippflicht für freilaufende Katzen eingeführt wird. Wie soll das in der Praxis aussehen?
Wöhrl: Durch die Einführung einer Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht durch einen Mikro-Chip sowie einer Kastrationspflicht für Katzen im Rahmen des Tierschutzgesetzes soll sichergestellt werden, dass die Populationsdichte wilder oder verwilderter Katzen nicht weiter zunimmt. Denn die steigende Zahl verwilderter Katzen in Deutschland ist ein akutes Tierschutz- und zunehmend auch Gesundheitsproblem, das auch vor Ländergrenzen nicht Halt macht. Wir sprechen hier von zur Zeit zwei Millionen Katzen – wenn wir nicht gezielt gegensteuern wird sich diese Zahl innerhalb der nächsten zehn Jahre auf 20 Millionen streunende Katzen erhöht haben. Aufnehmen müssten diese Katzen die Tierheime, die aber die hierdurch entstehenden immense Kosten nicht tragen können. Allein im Nürnberger Tierheim haben wir derzeit einen Bestand von 360 Katzen, die meisten davon sind unkastrierte, ungechippte Fundtiere und viele Welpen. Die Kosten für die Kastration, Impfung und den Mikrochip belaufen sich für das Tierheim auf mindestens € 250,- pro Tier, wir sprechen hier also von € 90.000,- bei der aktuellen Bestandsgröße. Ein weiterer Vorteil durchgängig gechippter Katzen wäre die eindeutige Zuordnung zu ihren Haltern, die viele weitere, z. B. auch versicherungsrechtliche Probleme lösen könnte. Deswegen strebe ich eine bundeseinheitliche Lösung des Problems an.
NZ: Zur Unterstützung tiergerechter Tierhaltung bei der Fleischerzeugung treten Sie für ein “Tierwohl-Label” ein. Was hat man darunter zu verstehen?
Wöhrl: Das Tierwohl-Label soll Lebensmittel kennzeichnen, die unter besonders tierfreundlichen Bedingungen produziert wurden. Die Voraussetzungen zur Erlangung dieses Labels müssen ein Tierschutzniveau deutlich oberhalb des gesetzlichen Tierschutzstandards erfüllen, z. B. durch strenge Maßgaben hinsichtlich des Mindestplatzbedarfes der Tiere. Auch Weidegang oder Auslauf sind wichtige Kriterien, ebenso wie die verwendeten Futtermittel. Und nicht zuletzt hat eine Schlachtung von Tieren zur Fleischerzeugung schnell und sorgfältig ohne unnötiges Leiden durchgeführt zu werden. Natürlich werden Lebensmittel, die mit dem Tierwohl-Label versehen sind, etwas teurer sein, als z. B. das normale Discounter-Fleisch. Ich glaube aber, dass inzwischen die meisten Verbraucher bereit sind, diesen Preis zu bezahlen. Die aktuelle Entwicklung, dass ab Januar 2013 erstmals Schweine- und Hühnerfleisch, das mit dem Label „Für Mehr Tierschutz“ des Deutschen Tierschutzbundes in verschiedenen Supermarktketten verkauft werden soll, zeigt dies deutlich. Die Einführung eines Tierwohl-Labels würde die Lebensbedingungen unserer Nutztiere nachhaltig verbessern.
Tierschutz als Herzensangelegenheit
Interview mit Dagmar G. Wöhrl in der Nürnberger Zeitung vom 26. Oktober 2012
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