Mein Wiedersehen mit dem ägyptischen Präsidenten Mohamed Mursi in Berlin:
Im Anschluss an sein Treffen mit der Kanzlerin war der ägyptische Präsident Mohamed Mursi auch zu politischen Gesprächen bei uns im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags. Nachdem ich ihn während meiner entwicklungspolitischen Reise nach Ägypten im September 2011 noch in seiner Rolle als Vorsitzender der Partei “Freiheit und Gerechtigkeit” der Muslimbruderschaft in Kairo treffen konnte, habe ich diesem zweiten Treffen mit größerer Spannung entgegen gesehen.
In den vergangenen 1,5 Jahren hat sich Ägypten stark verändert und droht nun wieder zu einem Land der Unterdrückung und Diskriminierung zu werden. Diese Entwicklung beobachte ich mit großer Sorge.
Nach gewaltsamen Ausschreitungen mit zahlreichen Toten und Verletzten wurde am 27. Januar der Ausnahmezustand und ein nächtliches Ausgangsverbot in Port Said, Ismailia und Suez (nahe Israel) verhängt. Zunächst war auch nicht klar, ob Präsident Mursi seine Reise zu uns nach Deutschland antreten könne. Dass er nun doch gekommen ist, war sehr wichtig, denn wir müssen den kritischen und offenen Dialog mit Ägypten aufrecht erhalten und im gemeinsamen Gespräch immer wieder zur Einhaltung der Menschenrechte, zur Gleichberechtigung der Frauen und zur Religionsfreiheit mahnen, damit in dem Land die Grundlagen für eine erfolgreiche Zukunft geschaffen werden können. Jedem Ägypter müssen in der Verfassung dieselben Rechte garantiert werden. Und jeder – egal welcher Religion er angehört – muss auch in Ägypten geachtet und respektiert werden.
Mit Blick auf die Durchsuchungen und Inhaftierungen bei zahlreichen Stiftungen in Ägypten, habe ich hier die große Sorge, dass die sehr gute Arbeit, die unsere Stiftungen vor Ort über Jahrzehnte geleistet haben, nun nicht fortgesetzt werden kann. Insbesondere hoffe ich, dass die noch inhaftierte ägyptische Mitarbeiterin der Konrad Adenauer Stiftung bald freigelassen wird. Für die demokratische Entwicklung des Landes ist die Arbeit nationaler und internationaler Stiftungen unverzichtbar.
Für die vielen Jugendlichen, die zu großen Teilen unter Arbeitslosigkeit leiden, müssen nun auch Perspektiven geschaffen werden, damit sich langfristig eine ägyptische Gesellschaft entwickeln kann, die von den Früchten des Arabischen Frühlings profitieren kann. Ich bin froh, dass wir all diese Themen mit Präsident Mursi ansprechen konnten und hoffe sehr, dass die Ägypter die Früchte des Arabischen Frühlings bald ernten können!
Dagmar G. Wöhrl zusammen mit: Klaus Brandner (SPD, Vorsitzender der Dt.-Ägypt. Parlamentariergruppe), MdB Ruprecht Polenz (CDU, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses) und Präsident Mohamed Mursi (von links nach rechts).
Dankeschön Frau Dagmar Wöhrl für ihren Beitrag! Es ist zu wünschen, dass sich viel, nicht nur bei uns, vor allem aber auch Persönlichkeiten, die in der Öffentlichkeit Gewicht haben, sich hier einbringen, damit sich die Lage in Ägypten zum Wohle der dort lebenden Menschen entwickelt.