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Dieser Artikel stammt aus der Zeit meiner politischen Arbeit bis Oktober 2017 und kann überholte Informationen enthalten.

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Humanitäres Desaster im Zuge der Großoffensive auf Mossul verhindern

Die Vorsitzende des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (AWZ) im Deutschen Bundestag, Dagmar G. Wöhrl erklärt:

„Die heute gestartete Großoffensive zur Befreiung Mossuls vom IS bringt bei allen Chancen für die Bewohner der Stadt aber auch Risiken mit sich. Wir haben uns auf einen gewaltigen Flüchtlingsstrom und auf schwere Kämpfe einzustellen. Es muss alles dafür getan werden, um ein humanitäres Desaster zu verhindern. Wenn es zu großflächigen Zerstörungen in der Stadt kommen sollte, könnten bis zu eine Million Menschen aus Mossul fliehen. Mit den bestehenden Kapazitäten ist die Versorgung der Flüchtlinge kaum zu bewältigen. Momentan gibt es nur 60.000 Plätze in Notfalllagern und erst weitere 250.000 Plätze sind in Vorbereitung. Das ist eine riesige Lücke. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR braucht 200 Millionen Dollar für die Versorgung der Menschen aus Mossul, hat aber erst ein Drittel davon erhalten. Die heute begonnene Großoffensive war schon vor Monaten deutlich abzusehen. Die fehlenden Gelder müssen darum sofort bereitgestellt werden.“

„Sobald die irakischen Truppen in der Stadt sind, müssen schnellstmöglich sichere Fluchtkorridore für Zivilisten und Versorgungswege für Nahrung und Medikamente eingerichtet werden. Das wird nicht einfach, weil wir wissen, dass der IS in der ganzen Stadt tiefe Gräben und Tunnelsysteme ausgehoben und überall Scharfschützen positioniert hat. Diese könnten fliehende Familien ins Visier nehmen. Hier braucht es eine enge Abstimmung zwischen der irakischen Armee und den humanitären Helfern.“

„Was unbedingt verhindert werden muss, ist eine Wiederholung von Racheakten der Befreier an der überwiegend sunnitischen Bevölkerung der Stadt, wie wir sie bei der Vertreibung des IS aus Falludscha im Sommer gesehen haben, als es zu schweren Übergriffen von schiitischen Milizen auf die sunnitische Bevölkerung gekommen ist. Da an der Offensive auf Mossul neben der irakischen Armee und Polizei auch sunnitische Milizen, kurdische Peschmerga und schiitische Milizen beteiligt sind, die mit der Befreiung der Stadt jeweils unterschiedliche Interessen verfolgen, sollte es nur den staatlichen irakischen Sicherheitskräften gestattet sein, bis ins Zentrum Mossuls vorzustoßen. Menschenrechtsverletzungen wie sie bei Befreiungen von anderen Städten und Gebieten im Irak geschehen sind, dürfen sich nicht wiederholen, auch weil sie den Nährboden für neue Gewalt zwischen den verschiedenen Ethnien und Konfessionen der zweitgrößten Stadt im Irak bilden würden. Übergriffe sind darum sofort zu ahnden. Sobald die Stadt befreit ist, müssen wir nahtlos mit unseren entwicklungspolitischen Maßnahmen zur Stabilisierung der Lage ansetzen: Dafür sind Versöhnungsmaßnahmen, die Wiederherstellung der Infrastruktur und Gesundheitsversorgung sowie Beschäftigungsprogramme notwendig.“

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